Samstag, 23. Mai 2015

Sehnsucht

Auf den letzten Kilometern vor Zubiri

Wie ich feststelle, ist es bei mir nicht anders als bei so vielen anderen Pilgerinnen und Pilgern: Wenn einen der Camino einmal "gepackt" hat, ist man ihm verfallen und wünscht sich nichts Anderes mehr, als wieder dorthin zurückzukehren. Woran mag es nur liegen?



Schließlich ist "der Weg" kein Erholungsurlaub, sondern teilweise eine schwere körperliche Herausforderung, die dich nicht selten auch an deine Grenzen führt ...

Cizur Mayor

Es geht bergauf, dann wieder bergab und dann wieder kilometerlang unter brennender Sonne oder strömendem Regen immer geradeaus. Oft bist Du nahe daran zu verzweifeln, denn es ist kein Ende absehbar ...

Alto del Perdón

Das Erreichen eines Zwischenziels ist jedoch die pure Freude und alle Mühen sind vergessen ... Wie wird es erst in Santiago sein?



Du spürst die reine Essenz des Lebens und merkst, dass das meiste, das du in deinem Leben mitgeschleppt hast, leerer Ballast und somit nur Belastung war ... und was es bedeutet, loszulassen und einfach zu SEIN ...



und deiner vorgegebenen Bestimmung zu folgen  - ohne Wenn und Aber - denn auf einmal ist alles klar ...

Unterwegs von Uterga nach Puente de la Reína

Donnerstag, 21. Mai 2015

Trotzdem weiterplanen: "Meine" 2. Etappe und die überarbeitete Packliste

Der Camino hat mich ganz fest in seinen Bann gezogen und kaum vom ersten 10-tägigen "Probelauf" zurück, habe ich bereits damit begonnen, meine zweite Etappe zu planen.



Im September wird es - wie bereits an anderer Stelle erwähnt - von Puente de la Reina über Logorono in Richtung Burgos gehen: 7 Tageswanderungen für gut trainierte Pilgerinnen und Pilger - ich plane etwas vorsichtshalber inklusive An- und Abreise 14 Tage ein.



Da meine Tochter im September - wann genau steht noch in den Sternen - beruflich nach Barcelona fliegen muss, wird diese Stadt voraussichtlich die erste Etappe meiner Anreise darstellen. Soweit ich bisher in Erfahrung bringen konnte, stellt der Zug die günstigste und schnellste Verbindung zwischen Barcelona und Pamplona dar.

Spätestens hier muss die erste Nächtigung erfolgen, am nächsten Tag geht es mit dem Bus bequem zu meinem diesmaligen Ausgangspunkt Puente de la Reina und von dort voraussichtlich bis Cirauqui oder Lorca.



Da das Wetter im September nicht vorhersehbar ist, wird der weitere Verlauf vor allem davon abhängen, wie heiß es ist. Ein zweites Kriterium stellen für mich als Kunstinteressierte und begeisterte Fotografin die Sehenswürdigkeiten auf dem Weg dar, weshalb ich mir keine allzu großen Tagesetappen vornehme.

Zeitdruck hatte ich jahrzehntelang mehr als genug und vertrage ich sowieso keinen mehr und der Leistungsgedanke ist für mich beim Pilgern ebenfalls kein maßgeblicher Faktor ... wie immer andere es auch sehen mögen.

Meine - aufgrund der im April gewonnenen Erkenntnisse - überarbeitete Packliste sieht so aus:


Rucksack 40 Liter inkl. Regenhülle
leichter Schlafsack
aufblasbares Kopfkissen
Trekkingstöcke
Bauchtasche
zusammenfaltbarer Minirucksack für Einkauf und Sightseeing
Beutel in verschiedenen Farben (Packsystem), Sack für Schmutzwäsche

Regenjacke
Fleece- oder Strickjacke
3 x Wandersocken
2 - 3 Funktionsshirts
1 dünne Bluse (auch als Jäckchen verwendbar)
3 Slips
2 BHs
Langarmpulli oder Sweatshirt
Trekkinghose + eine zweite bequeme Hose
Leggings
Kopfbedeckung (Sonnenschutz)
Wanderschuhe
Trekking-Sandalen
Crocs

Toilette-Tasche zum Aufhängen
Shampoo, Duschgel, Cremes (Proben)
Zahnpasta, Zahnbürste
Handtuch + Badetuch
Magnesium etc.
Pflaster, Blasenpflaster
5 große Sicherheitsnadeln, Nähset
Sonnencreme
Hirschtalgcreme
Medikamente
Papiertaschentücher
Haarspange, Haargummi
Schere, Feile, Kamm, Bürste, etc.

Smartphone mit Ladekabel
3er Adapter
Fotoapparat mit Ladegerät
Netbook ohne Akku

Schweizer Messer, Campinglöffel/-gabel
Campingbecher
Minimax von Tupperware

Geldbörse, Kreditkarte
eCard
Reisepass
Klarsichthülle mit Reiseunterlagen
Pilgerpass
Reiseführer Michelin
Ausdrucke meiner Etappenplanung
Kugelschreiber
Brille + Sonnenbrille



Mittwoch, 20. Mai 2015

Angst und viele Fragen



Nun ist die amerikanische Pilgerin Denise Thiem bereits seit fast 7 Wochen verschwunden und irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Sache langsam in Vergessenheit gerät, zumindest habe ich keinen aktuellen Zeitungsbericht (weder im spanischen, noch im amerikanischen Internet) gefunden.

Da ich selbst im April allein auf dem Camino Francés unterwegs war, betrifft und bedrückt mich diese Angelegenheit persönlich sehr und ich frage mich was wohl gewesen wäre, wenn es mich getroffen hätte?

Das Schlimmste an der ganzen Sache ist in meinem Augen die Unsicherheit, nicht zu wissen, was Anfang April, exakt am Ostersonntag, in der Gegend von Hospital de Órbigo passiert ist. War es ein Unfall, wurde die Frau entführt (dagegen spricht, dass es anscheinend keine Lösegeldforderungen gibt) oder gar ermordet?

In diversen Pilgerforen werden nun Frauen davor gewarnt, allein in León unterwegs zu sein ... das scheint mir zwar vernünftig, dennoch wird das Pilgern höchstwahrscheinlich für uns Frauen, die aus irgend einem Grund den Camino ohne Begleitung gehen, nun sicher nicht mehr dasselbe sein wie zuvor ...

So hoffe ich für Denise, aber auch in unser aller Interesse, dass sich diese Angelegenheit doch noch aufklärt und sie irgendwann wohlbehalten wieder auftaucht, auch wenn die Chancen dafür mit jedem Tag geringer werden, aber wer sollte an Wunder glauben, wenn nicht wir PilgerInnen?



Facebook-Gruppe: Help us find Denise

Freitag, 15. Mai 2015

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein ...


Die Frischhaltedose von der Marke Curver (rechts im Bild) hat mir während meines ersten Caminos gute Dienste geleistet: Ich bewahrte in ihr Käse, Wurst und diverse andere Kleinigkeiten auf. Ganz zufrieden war ich allerdings nicht: Wohin mit Obst, Gemüse, Salat o.ä., das doch im Rucksack viel leichter zerquetscht werden kann?

Wie gut, dass es Pilgerforen gibt, in denen Pilgerinnen und Pilger sich über ihre Erfahrungen austauschen und einander wertvolle Tipps geben können!


In einem solchen fand ich nämlich einen Hinweis auf die Tupperware Mini Max Schüssel 950 ml. Von Gewicht und Volumen her besteht wenig bis gar kein Unterschied, jedoch von der Höhe: Zusammengefaltet gerade mal 2,5 cm breit, kann sie zu verschiedenen Größen entfaltet werden und ist in geöffnetem Zustand (8 cm) etwa so groß wie eine mittelgroße Schüssel, also ideal zum Aufbewahren von zB Weintrauben und anderem Obst, Salat, Pasta oder Reisgerichten.

Für Wurst und Käse werde ich einen wiederverschließbaren Plastikbeutel mitnehmen.




Mittwoch, 13. Mai 2015

Gewichtsreduktion ... oder: der Vergleich zahlt sich aus ;-)

Jetzt bin ich erst seit 3 Wochen wieder von meinem ersten Camino-Versuch zurück (aus verschiedenen, hauptsächlich familiär bedingten Gründen waren es ja leider nur 10 Tage), aber ich bin bereits fleißig dabei, "meine" 2. Etappe im September von Puente de la Reina nach Burgos (?)  zu planen.

Mein Rucksack war schon beim ersten Mal mit 6,5 kg ohne Wasser und Verpflegung relativ leicht, allerdings ging ich davon aus, dass ich meine Jacke am Körper tragen würde und da es während der 2. Hälfte meiner Wanderung doch sehr heiß wurde, kam ich zwischendurch schon ab und zu auf fast 9 kg.

Zu viel und zu unbequem (mein Ziel ist nach wie vor, bei den 10% meines Körpergewichts zu bleiben), und siehe da, es geht wirklich noch was ...


Meine alten Trekking-Sandalen vs. meine neuen Teva Terra Fi Lite:  ca.100 g "gespart"


Lumix Panasonic vs. Sony Cyber-Shot inkl. Ladegerät etc. : ca. 350 g eingespart



Jeans (HSE24, Baumwolle/Elasthan): 400 g  - Trekkinghose (Decathlon, Synthetik): 300 g: 100 g eingespart

Somit wären wir bereits bei -550 Gramm, weitere Gewichtseinsparungsmaßnahmen sind geplant und ich werde zu gegebener Zeit darüber berichten...



Hotel F1 Bayonne - Erfahrungsbericht


Meine Rückreise vom Jakobsweg erfolgte mit dem ALSA-Bus aus Pamplona über San Sebastián, St. Jean-de-Luz und Biarritz nach Bayonne, von dort am darauffolgenden Morgen mit dem TGV nach Paris und anschließend mit dem Flieger zurück nach Wien.


Mittagssnack: Tapas in einer kleinen Bar in San Sebastián

Das zur Accor-Gruppe gehörende Budget-Hotel F1 in Bayonne befindet sich im Gewerbegebiet St. Frédéric im Nordosten der Stadt, ist jedoch mit dem Bus Nr. 11 vom Zentrum aus bequem zu erreichen. Ich wählte es aufgrund des sehr guten Preis-Leistungsverhältnisses für meine letzte Nächtigung aus und wurde nicht enttäuscht.

Für den für Frankreich äußerst guten Preis von ca. 35 € bekam ich ein schönes Doppelzimmer mit Waschgelegenheit, TV und W-LAN gleich im Erdgeschoß inkl. Frühstücksbuffet.

Duschen und WC befinden sich - wie in dieser Hotelkategorie üblich - am Gang, das war ich jedoch bereits von den diversen Pilgerherbergen, in denen ich zuvor genächtigt hatte, gewohnt, und erreichte am kommenden Morgen bequem meinen Zug nach Paris.

Boarding, Paris Ch. de Gaulle


Pluspunkte:
Sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
modernes, sauberes Zimmer
freundliches Personal
Automaten mit Geränken und Snacks
W-LAN
Frühstücksbuffet mit Kaffee, Tee, Kakao, Orangensaft, Toast, Baguettes, diversen Brotaufstrichen etc. zum Preis von 3,50 €

weniger gut:
Unattraktive Lage in einem Gewerbegebiet
Etwas weit vom Bahnhof (Bus - gleich gegenüber - verkehrt ca. alle 20 Min., Fußweg ca. 30 Min.)
Duschen/WCs am Gang








Dienstag, 12. Mai 2015

Hôtel de la Gare, Bayonne - Erfahrungsbericht


Ganz in der Nähe des Bahnhofs von Bayonne, in dem kleinen Gässchen rue Sainte Catherine befindet sich - wie der Name bereits sagt - das Hôtel de la Gare. Ich hatte es für meine erste Nächtigung gebucht, da ich mit dem Flieger aus Wien kommend von Paris aus den TGV nach Bayonne genommen hatte, um von dort aus am darauf folgenden Morgen mit dem Bus nach Saint-Jean-Pied-de-Port weiterzufahren.

Weckzeit in der Früh war 03:00 Uhr gewesen, Abflug um 07:00, dann ein längerer Aufenthalt in Paris, schließlich hatte der TGV auch noch fast 90 Minuten Verspätung gehabt und so war ich froh, als ich gegen 21:00 Uhr in Bayonne ankam, keine weiten Strecken mehr zurücklegen zu müssen und mich ausruhen zu können.

Im Hotel hatte man mir mitgeteilt, dass die Rezeption um 20:00 schließen würde, doch ich schickte, als in Bordeaux klar wurde, dass der Zug mit größerer Verspätung eintreffen würde, ein Mail und so wurde ich in der kleinen Bar, die zum Hotel gehörte erwartet, bekam meinen Schlüssel und die W-LAN Zugangsdaten.

rue Sainte Catherine, Bayonne

Ich erreichte mein Zimmer im 2. Stock über eine ziemlich steile Treppe. Es war offensichtlich erst kürzlich renoviert worden, d.h. dass sich hinter einer Holzverschalung zusätzlich zu dem Waschbecken auch eine Duschkabine im Zimmer befand, für den Einbau eines WCs dürfte allerdings kein Platz mehr gewesen sein, denn dieses befand sich am Gang.

Ich duschte, testete das Bett - es war OK und gleich daneben befand sich eine Steckdose zum Aufladen meiner "Elektronik" - wusch schnell meine Wäsche durch und hängte sie auf einem Kleiderbügel zum Trocknen ans Fenster.

Blick aus dem Fenster meines Zimmers auf die Altstadt von Bayonne

Es war nun fast 22:00 und ich hatte außer einem Snack im TGV nichts zu Abend gegessen, so beschloss ich, in die Hotelbar hinunterzugehen, um dort eine Kleinigkeit zu essen und ein Glas Wein zu bestellen, musste jedoch zu meiner Verwunderung feststellen, dass diese - im Gegensatz zu den anderen Lokalen in der Straße - bereits geschlossen war.

Im Restaurant gleich gegenüber wurde ich jedoch freundlich bedient und so ging mein erster Abend langsam seinem Ende zu.
 

Pluspunkte:
Keine 5 Minuten zum Bahnhof
einfaches Hotel zu einem recht günstigen Preis
W-LAN vorhanden

weniger gut:
Zimmer recht klein und beengt
WC (in manchen Zimmern auch Dusche) am Gang
Restaurant schließt relativ früh, keine Getränkeautomaten oder Minibar

Montag, 11. Mai 2015

Albergue turístico y de peregrinos "Jesus y Maria", Pamplona - Erfahrungsbericht

Schlafsaal B, Albergue Jesús y Maria

Pilgeratmosphäre pur - so würde ich die bekannte Städtische Herberge in Pamplona in 2 Worten beschreiben. Ich kam an meinem vorletzten Tag - vor der Rückfahrt über San Sebastián, Bayonne und Paris nochmals nach Pamplona zurück. In Puente de la Reina hatte ich von einer netten Französin von dieser Herberge gehört und da ich bereits wusste, wo sie sich befand, ging ich kurz entschlossen in die Calle Compañía, ganz in der Nähe der Kathedrale.

Es war erst gegen Mittag, ich war die 4. Pilgerin, die auf Herbergssuche in der Albergue Jesús y Maria eintraf und das war auch die Nummer des Betts, das ich von einem freundlichen Hospitalero zugewiesen bekam.

Die großen Schlafsäle (112 Betten, aufgeteilt auf 2 Schlafsäle zu je 2 Etagen) in den hohen Räumen der ehemaligen Jesuitenkirche wirkten nicht wirklich gemütlich, ebensowenig wie die wenigen Duschkabinen und WCs für so viele Leute, aber ich hatte keine Lust, lange weiterzusuchen und habe letztendlich trotz allem gut und lang geschlafen und mich mit einigen netten Leuten unterhalten.

Waschküche mit je 2 Waschmaschinen und Trocknern

Pluspunkte:
Sehr günstige, einfache Unterkunft, nur 8 €/Bett inkl. Laken und Polsterüberzug
Zentrale, aber ruhige Lage
Große Waschküche mit Waschmaschinen (Benützung gratis, Waschpulver 1 €) und Wäschetrocknern (1 €), auch Kleiderbügel und Wäscheständer sind vorhanden
Automaten mit Getränken und Snacks
(einige) versperrbare Schließfächer im Vorraum
Einstellmöglichkeit für Fahrräder
Bad/WC für Menschen mit besonderen Bedürfnissen
Steckdosen beim Bett
gratis WLAN und einige Computer zur Benützung gegen Gebühr
Küche mit Mikrowelle
 
Blick auf den Innenhof


Wunderschön und eine Oase der Ruhe

Weniger gut:
zu wenig Duschen und WCs, daher ständig "Überschwemmungen" am Boden
Nachts eher laut
keine Privatsphäre

Sonntag, 10. Mai 2015

Albergue Camino del Perdón, Uterga - Erfahrungsbericht


Nachdem ich erfolgreich den Alto del Perdón gemeistert und auch wieder herabgestiegen war, wurde es so heiß, dass ich nichts mehr herbeisehnte als eine kühle Dusche (und danach vielleicht ein kühles Bier). Beides fand ich in der kleinen privaten Albergue Camino del Perdón in Uterga, einem hübschen kleinen Dörfchen an der Ruta del Vino de Navarra.


Das von einer sympathischen jungen Familie geführte Hostel (Pilgerherberge mit einigen Privatzimmern) verfügt über 16 Betten, 2 Badezimmer, einen Gemeinschaftsraum, eine Bar und ein Restaurant mit einem schönen Gastgarten, Preis pro Bett: 10 €/ Pilgermenü 12 €.


Schon kurze Zeit nach meiner Ankunft am frühen Nachmittag waren alle Betten belegt und die Pilgerinnen und Pilger ließen es sich auf der schattigen Terrasse vor dem Haus gut gehen, wuschen ihre Wäsche und hängten sie zum Trocknen in die Sonne oder ruhten sich einfach von der doch recht anstrengenden Etappe aus.

Blick auf das Dörfchen Uterga

Pluspunkte:
Gemütliche und familiäre Atmpsphäre, schöner Gastgarten
direkt in der ersten Ortschaft am Fuße des Alto del Perdón
Betten mit Stromanschluss und Bettwäsche (im Preis inbegriffen)
Waschmaschine, ausreichend Platz zum Aufhängen der Wäsche
2 Bäder für 16 Personen, d.h. kein Gedränge
Große Auswahl an Speisen und Getränken + zusätzliche Automaten

Ruta del Vino de Navarra

Weniger gut:
Etwas abgewohnt
abends ein wenig laut (Lärm vom Gastgarten)

Samstag, 9. Mai 2015

Überraschung und positiver Nebeneffekt




"Warum trägst du eine so weite Hose?" fragt mich meine modebewusste Tochter, als sie mich nach meiner Rückkehr zum ersten Mal zu Gesicht bekommt. Ich trage meine Levi's-Jeans, die ich erst vor einigen Monaten gekauft und seitdem, da es sich um ein eher leichtes Sommermaterial handelt, kaum angezogen habe.

Ich hatte in den 2 Wochen seit meiner Rückkehr - so auch an diesem Tag - eine Menge zu tun, vieles war während meines Aufenthaltes in Spanien liegen geblieben, und wenig Zeit respektive auch gar keine Lust, mich genauer im Spiegel zu betrachten.

Ich strich mit den Händen meine Hüften hinunter, denn in der Taille hatte ich ja einen Gürtel, der sich stufenlos verstellen ließ, und bemerkte, dass die Hose seitlich wirklich sehr locker war, wenn nicht sogar ein wenig vom Körper abstand.

Ähnliches hatte ich, nachdem ich ja nur 10 Tage auf dem Camino unterwegs war und es mir auch an nichts fehlen lassen hatte, gar nicht in Betracht gezogen, dennoch freute ich mich natürlich über diesen positiven Nebeneffekt.

Das Durchprobieren meiner restlichen Kleidung bestätigte die Tatsache, dass ich unterwegs eine Kleidergröße "verloren" hatte und - wenn ich nicht mit schlotternden Hosen durch die Welt gehen wollte - schleunigst Ersatz heranschaffen musste.

Da kamen mir heute die Aktionen am Muttertagswochenende gerade recht und ich bin jetzt stolze Besitzerin von 2 neuen Paar Jeans, einer Jacke und einer Bluse, was vorerst einmal reichen sollte. Ich habe auch keine allzu teuren Teile gewählt, denn im September geht es ja auf dem Camino weiter, und wer weiß, vielleicht bleiben dann ja wieder ein paar Kilo auf der Strecke ...


Freitag, 8. Mai 2015

Pensión Usoa, Zubiri - Erfahrungsbericht

Calle Puente de la Rabia

Als ich nach einem langen Tag ziemlich erschöpft von dem steilen und anstrengenden Abstieg über den Erro-Pass in Zubiri ankam, wollte ich nur eines: Meine Beine hochlegen und dann in Ruhe Haare und Wäsche waschen.

Puente de la Rabia

Gleich nach der berühmten Brücke "Puente de la Rabia" befindet sich auf der rechten Seite ein Hostel. Eine Dame stand davor und bot mir ein Bett in einem 8-er Zimmer an, doch ich wollte heute lieber allein sein. Daraufhin verwies sie mich an die Pensión Usoa, gleich gegenüber.

So kam ich zu einem schönen Doppelzimmer mit eigenem Bad, das ich für 24 € allein benutzen durfte, für eine Pension ein guter, im Vergleich zu einer Herberge allerdings relativ hoher Preis, den ich dadurch wieder wettmachte, dass ich nichts fürs Wäschewaschen bezahlen musste und mir mein Abendessen sowie das Frühstück für den nächsten Tag aus dem Supermarkt einige Schritte weiter am Platz mit der schönen Kirche holte.

San Esteban, Zubiri

Ich habe in dieser kleinen Pension eine ruhige und angenehme Nacht verbracht und brach am nächsten Morgen um 7 gut ausgeruht auf nach Pamplona.


Pluspunkte:
Schöne Lage in der Altstadt
Ruhige Zimmer mit Dusche, WC, Heizung, TV, WLAN
Küche, Waschmaschine und Gemeinschaftsraum im 1. Stock
Nette Aufnahme
Supermarkt und diverse Lokale gleich um die Ecke

Nicht so gut:

Sehr steile Wendeltreppe hoch in den ersten Stock
Einrichtung etwas veraltet und abgewohnt
WLAN funktioniert nur bedingt (schwaches Signal)




Donnerstag, 7. Mai 2015

Albergue Casa Ibarrola, Pamplona - Erfahrungsbericht



Mitten in der Altstradt von Pamplona, in der malerischen Calle del Carmen 31, ganz in der Nähe der Puerta Fráncia, aber auch vom Busbahnhof in 15 Minuten bequem zu erreichen, liegt die private Albergue Casa Ibarrola, ein echtes "Schmuckkästchen" unter den Pilgerherbergen, das den Preis von 15 € pro Nacht auf jeden Fall rechtfertigt.


Im Eingangsbereich, der zugleich als Gemeinschaftsraum/Küche/Esszimmer fungiert, befinden sich weiters eine kleine Bibliothek, ein Fernseher und Automaten mit Getränken und kleinen Snacks.

Die Küche ist bestens ausgestattet (ausreichend Geschirr, Tassen, Besteck, Kühlschrank, Microwelle, Wasserkocher, Herd, Spüle ...), daher wird hier abends gerne gekocht. Kleine Supermärkte zum Einkaufen befinden sich gleich in der Nähe.



In diesem sehr gepflegten Haus hat alles seinen Platz, hier der Abstellplatz für Rucksäcke.



Die "Waschküche" (Münzeinwurf 3 €) dient zugleich als Aufbewahrungsplatz für die Wanderschuhe. Wäscheständer sind in einem weiteren kleinen Raum (Behinderten-WC) ebenfalls vorhanden.



Hier einer der beiden Waschräume (2 Waschbecken, 2 Duschkabinen, 2 WCs, Haarfön vorhanden).



Das Highlight der Albergue sind diese 20 Schlafkojen - "capsulas" (Bettwäsche ist im Preis enthalten). In jeder Koje befindet sich ein Ablageboard mit Nachtlicht und 2 Steckdosen am Kopf- und ein Schließfach (Münzeinwurf) für persönliche Dinge am Fußende. Jedes Bett besitzt zusätzlich einen Rollladen, den man nachts, oder wenn man einfach Ruhe haben möchte, herunterlassen kann.

Pluspunkte:

  • Sauber und gepflegt
  • zentrale Lage in belebtem Viertel (Bars, Restaurants, Geschäfte ...)
  • Reservierungen vorab werden angenommen
  • Top ausgestattete Küche,
  • Koch- und Essgeschirr
  • kostenloses W-LAN, PC mit Internetzugang
  • Fahrradeinstellmöglichkeit
  • Air condition
  • Auch mehrtägige Aufenthalte möglich

 
Monumento al Encierro de Pamplona (2007)



Mittwoch, 6. Mai 2015

In meinem Alter ...?

Aufstieg zum Alto del Perdon


Ich war um die 55, als das Thema "Jakobsweg" erstmals richtig in mein Bewusstsein drang und ich begann, mich mit dem Camino auseinander zu setzen, darüber zu lesen, mir auf youtube Videos anzusehen und hin- und her zu überlegen. Damals war ich berufstätig, schon drei Wochen Urlaub am Stück wären schwierig gewesen und selbst wenn es möglich gewesen wäre, so hätte ich diese zur Erholung gebracht.

Auch Pausen gehören dazu ...

 Auch mein Privatleben gestaltete sich alles andere als einfach - Verpflichtungen, Verbindlichkeiten, Troubles in jeder Hinsicht, kurz und gut: Ich wusste schon damals, dass ich den "Weg" irgendwann gehen würde, nur wann, lag noch in weiter Ferne.

Aufbruch von Uterga am frühen Morgen


So wurde ich 60, die beruflichen Verpflichtungen fielen weg und auch im privaten Bereich begannen sich die Wolken zu lichten, allerdings nicht so weit, dass daran zu denken war, eine mehrwöchige Auszeit zu nehmen, um den ganzen Camino in einem Stück zu gehen. Bis mir der Gedanke kam, dass dies ja auch gar nicht notwendig war und dass ich ihn - wie viele andere vor mir auch - ja aufteilen und in mehreren Teilstrecken gehen könnte.

Dieser Gedanke bedeutete für mich den Durchbruch und ich schritt zur Tat. Der Monat April schien mir sehr geeignet für meine Unternehmung, ich suchte im Internet nach den günstigsten Anreisemöglichkeiten und buchte schließlich im Jänner die entsprechenden Flüge und Bahntickets.

Dann - im Fabruar - der Rückschlag: Von einem Tag auf den anderen bekam ich so starke Schmerzen in meinem rechten Knie, dass ich mich sogar in der Wohnung kaum von einem Zimmer ins andere bewegen konnte. Es folgten die üblichen Untersuchungen, Medikamente, Therapien, mein Abflug rückte näher und ich war weder schmerzfrei noch besonders optimistisch. Mein Knie wurde langsam wieder besser, aber wie würde es auf dem Camino - noch dazu auf dem ersten Teil in den Pyrenäen - , der ja bergauf und bergab verlief, und noch dazu mit einem schweren Rucksack auf dem Rücken sein?

Landschaften von unglaublicher Schönheit

So entschloss ich mich, schweren Herzens, die erste Etappe auszulassen, d.h. mit dem Bus von Saint-Jean nach Roncesvalles zu fahren, und die anschließenden Tagesetappen - ganz nach meinem körperlichen Befinden - völlig offen zu lassen. Nachdem ich diese Entscheidung getroffen hatte, fühlte ich mich befreit, und auch mein Knie wurde von Tag zu Tag besser.

Ich machte kurze Spaziergänge, fuhr auch wieder ein wenig Rad, von Training konnte jedoch - allein schon aufgrund des Schlechtwetters - keine Rede sein.

Die Jakobsmuschel weist überall den Weg

So trat ich am 14.4. - 61 Jahre alt, untrainiert und mit einer nicht gerade positiv stimmenden Krankengeschichte für 10 Tage den Camino an, kam gesund zurück und habe dieses Wagnis nicht bereut.

Die bisherige Strecke: SJPDP (oder besser gesagt Roncesvalles) - Puente de la Reina. Nicht viel, wenn ich unterwegs von anderen hörte, dass sie täglich 30 km oder mehr am Stück gegangen waren, für mich selbst jedoch eine enorme Bestätigung, und ich werde im Herbst "meine" nächste Teilstrecke weitergehen.

Kurze Rast
Unterwegs habe ich viele Pilgerinnen und Pilger meines Alters, aber auch viele ältere, getroffen: Einige wandererfahren und sportlich durchtrainiert, andere wiederum Sonntagssportler so wie ich, wieder andere waren stark übergewichtig, offensichtlich völlig unsportlich oder aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters bereits gebrechlich.

Ich konnte beobachten, dass sie sich umso leichter taten, je weniger Zwang sie sich selbst auferlegten und je mehr sie auf die Signale ihres eigenen Körpers hörten.

Für immer hier geblieben ...

Soweit ich sehen konnte, lässt sich der Camino Francés auch in winzigen Tagesetappen begehen, der Abstand zwischen den einzelnen Ortschaften (und somit auch den Unterkunftsmöglichkeiten) liegt zumeist zwischen 5 und 10 km und auch die Gefahr, im Falle eines Unfalls oder gesundheitlicher Probleme nicht gefunden zu werden, erscheint mir bei dem enormen Pilgeraufkommen auf dieser Strecke äußerst gering.

Manchmal scheint der Weg kein Ende nehmen zu wollen: Abstieg von Erro nach Zubiri

Ich schreibe das, um jenen Mut zu machen, die wie ich über 60 und gesundheitlich vielleicht nicht topfit sind und daher vielleicht noch zögern, den Weg zu gehen, obwohl sie sich das schon lange wünschen.

Probiert es einfach, geht den Weg in eurem eigenen Tempo, ihr müsst niemandem (mehr) etwas beweisen, seid ehrlich zu euch selbst und zu den anderen und nehmt an, was der Camino für euch bereit hält ... In meinem Fall waren es ein unglaublich schönes landschaftliches Erlebnis, zahlreiche nette Begegnungen mit Menschen jedes Alters und aus aller Herren Länder, neues Selbstvertrauen  und die Zuversicht, dass ich es auch bis Santiago schaffen kann - möge es für mich auch etwas länger dauern, als die üblichen 33 - 35 Tage ...
 
Alle Wege führen nach Santiago: Bodenmarkierung in Pamplona