Mittwoch, 30. März 2016

Allein unterwegs auf dem Jakobsweg - na und?

kurze Rast auf dem Weg zwischen Estella und Los Arcos

In wenigen Tagen mache ich mich zum dritten Mal allein nach Spanien auf den Weg, um den Camino von Nájera aus weiter zu laufen.

Das erstaunt viele Leute. Andere, die bereits auf dem Jakobsweg unterwegs waren, finden es wiederum völlig normal. Warum ich es vorziehe, allein los zu gehen, möchte ich hier kurz erklären:


Allein, aber nicht einsam: Kirchplatz von Larrasoana

Der Camino ist für mich eine wichtige Auszeit - eine Auszeit von allem: Familie, Job, nicht endend wollende Diskussionen mit FreundInnen und Bekannten über die derzeitige politische Lage... das alles möchte ich für eine Weile bewusst zurücklassen und mir - nach vielen Jahren, in denen ich kaum Zeit hatte, zwischen vielfältigen Verpflichtungen Luft zu holen und einfach ich zu sein - bewusst einen Freiraum für mich selbst zu nehmen. Wie gut mir das tut, habe ich die beiden letzten Male (einmal 10, einmal 12 Tage) gesehen und 2 oder (diesmal) 3 Wochen sind definitiv keine Ewigkeit.


Pilgern mit PartnerIn: Für mich derzeit kein Thema, aber vorstellbar. Allerdings nur, wenn beide es auch wirklich wollen, gut aufeinander eingespielt sind und über eine annähernd gleichwertige Kondition verfügen. Anmerkung: Ich spreche hier nicht von Paaren, die sich unterwegs kennen lernen oder gelernt haben, das ist ein ganz anderes Kapitel, sondern von Menschen in bestehenden Beziehungen.


Das gleiche gilt meines Erachtens für das Pilgern mit Freund/in, Freundesgruppen usw. Ich habe unterwegs viele Leute streiten gesehen, Menschen, die den Camino allein und in ihrem eigenen Tempo wahrscheinlich sehr gut bewältigt hätten, zu zweit jedoch deutlich unter- oder überfordert waren und den Weg daher nicht richtig genießen konnten. Ich habe Leute getroffen, die aus diesem Grund unterwegs umgekehrt und wieder nach Hause gefahren sind. Und das finde ich sehr schade.

Alto del Perdón


Angst vor dem Alleinsein braucht dennoch keiner oder keine zu haben: Der Camino ist keine einsame Wüste und man begegnet unterwegs, in den Restaurants und Herbergen ständig Menschen, mit denen man ins Gespräch kommt und ein kleines oder auch etwas längeres Stück des Weges gemeinsam zurücklegt. Ich erinnere mich sehr gerne an diese Begegnungen, und gerade die Freiheit der Entscheidung, ob und wie lange man ein Stück des Caminos mit einander zurücklegen möchte, macht sie so wertvoll und einzigartig.

Stausee "La Grajera" hinter Logroño

Die Sprache ist dabei kaum ein Hindernis, denn praktisch jede/r versteht hier zumindest ein wenig Englisch, der Camino ist jedoch international und man trifft auch viele PilgerInnen, mit denen man sich in der eigenen Muttersprache unterhalten kann, d.h. Deutsche und ÖsterreicherInnen.

Zusammenfassend möchte ich daher sagen, dass ich es - gerade beim Pilgern - für wichtig finde, in seinem eigenen Tempo gehen zu können. Erst dann bekommt man den Kopf frei. Ist das aus irgend einem Grund nicht möglich, d.h. ist man an andere Menschen oder eine Gruppe gebunden, so hilft nur große beidseitige Toleranz: Den/die andere einfach vorausgehen oder auch zurückbleiben lassen, einen Treffpunkt vereinbaren, kein falscher Ehrgeiz, gegebenenfalls auch akzeptieren, dass sich einer den schweren Rucksack transportieren lässt oder gar eine Etappe mit dem Bus fährt (das ist - ausgenommen die letzten 100 km - nicht verboten und es gibt viele Pilgergruppen, die es, allein schon aus zeitlichen Gründen, so halten).

Pilgergruppe - Malerei an den Wänden einer Unterführung (Túnel del Camino)

Zum Schluss vielleicht noch ein paar Worte zum Thema allein pilgernde Frauen: Trotz des tragischen Todes von Denise Thiem vor einem Jahr halte ich den Camino nicht für gefährlicher als andere Wege und Straßen, auf denen man allein unterwegs ist. Es macht auf jeden Fall Sinn, sich - und sei es nur für ein kurzes Stückchen - anderen anzuschließen oder, wenn man das nicht mag, andere Pilger und Pilgergruppen in Sichtweite zu behalten. Auch ein (aufgeladenes) Handy sollte man natürlich immer dabei haben, die Netzabdeckung ist - soweit ich feststellen konnte - fast zu 100% gegeben.









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